Zusammenarbeit in der EU bei Gesundheitsbedrohungen erhält verbindlichere Rechtsgrundlage
Der Gesundheitsausschuss des Europäischen Parlaments stimmte im Juli über seine Position zum neuen Verordnungsvorschlag ab, durch den der Handlungsspielraum der EU bei schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren erweitert wird. Das Gesamtplenum wird seine Entscheidung darüber im September treffen.
Eine Konsequenz aus der Covid-19-Pandemie ist der Ausbau der gesundheitspolitischen Zusammenarbeit, dem der Titel einer Europäischen Gesundheitsunion verliehen wurde. Einer dieser Schritte auf dem Weg zur Union ist die Schaffung einer Grundlage für die verbesserte und rechtlich verbindlichere Kooperation zwischen den EU-Staaten bei Gesundheitsgefahren. Die Europäische Kommission legte Ende letzten Jahres dazu eine Rechtsgrundlage vor.
Im Mittelpunkt des Gesetzes stehen Absprachen für eine gemeinsame Vorsorge und Reaktion bei Risiken auf europäischer Ebene. Es dient als Rechtsrahmen für EU-weite Maßnahmen auf Unionsebene in den Bereichen Vorsorge, Surveillance, Risikobewertung sowie Frühwarnung und Reaktionen. Außerdem lässt es zu, dass die EU-Institutionen bei Bedarf weitere gemeinsame Maßnahmen ergreifen können.
Pascal Canfin, Vorsitzender des EP-Gesundheitsausschuss und Mitglied in der Fraktion der Liberalen “Renew Europe”, Quelle: Europäisches Parlament
Um auf Bedrohungen vorbereitet zu sein, ist ein effektiverer EU-Vorsorgeplan für Gesundheitskrisen und Pandemien vorgesehen. Die Mitgliedstaaten tragen dazu bei, indem sie nationale Vorsorgepläne zur Verfügung stellen, die die zuständigen EU-Agenturen überprüfen und bewerten. Außerdem regelt die Verordnung die Bereitstellung von Gesundheitspersonal und dessen Weiterbildung in schwierigen Situationen. Darüber hinaus sind Absprachen enthalten, um die Datenerhebung und Überwachung so zu verbessern, dass potenzielle Gefahren frühzeitiger erkannt werden. So soll die Kontrolle neuartiger Krankheitserreger auf der Grundlage gemeinsamer EU-Falldefinitionen und der Meldung von Daten aus den nationalen Gesundheitssystemen erfolgen.
Mit dem Rechtsrahmen einigen sich die Gesetzgeber des Weiteren auf eine Definition für solche Notsituationen und bestimmen, in welchen Fällen der Notfallmechanismen der Union aktiviert wird.
Der bereits bestehende Gesundheitssicherheitsausschuss der EU erhält mit dem neuen Gesetz mehr Befugnisse, um im Bedarfsfall eine koordinierte Reaktion der Gemeinschaft durchzusetzen. Die Abgeordneten fordern für sich eine Mitarbeit in dem Ausschuss, zusätzlich zu den nationalen Vertreter*innen. Sie beanspruchen einen Beobachterstatus für das Europaparlament. Außerdem sollte das Sicherheitsgremium in Zukunft umfassendere Konsultationen von Fachleuten der öffentlichen Gesundheit, internationalen Organisationen und Angehörigen der Gesundheitsberufe durchführen, um weitere Expertise bei der politischen und technischen Arbeit des Gremiums einzubeziehen.
In ihrer Position fordert der EP-Gesundheitsausschuss einen multisektoralen "One Health"-Ansatz beim Risikomanagement, der zur Bewältigung künftiger Bedrohungen der öffentlichen Gesundheit die menschliche Gesundheit als mit der Tiergesundheit und der Umwelt verbunden anerkennen soll. Darüber hinaus wollen die Abgeordneten sicherstellen, dass neben der Überwachung übertragbarer Krankheiten auch die Überwachung der Auswirkungen dieser Krankheitserreger auf nicht übertragbare Krankheiten wie Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen, Krebs, Diabetes und psychische Erkrankungen berücksichtigt werden, sowohl in der Vorsorge als auch den Reaktionsstrategien.
Die Stellungnahme zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren erhielt im Parlamentsausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) 67 Ja-Stimmen, 10 Nein-Stimmen und eine Enthaltung.
Der Rat stimmt parallel dazu seine Position zur Verordnung ab. Der slowenische Vorsitz legt einen Schwerpunkt auf die bessere Reaktionsfähigkeit der EU bei zukünftigen Krisen und will sich dabei besonders auf die öffentliche Gesundheit, aber auch auf die Cybersicherheit konzentrieren.