EU-Kommission plant neuen Rahmen für Unternehmensbesteuerung in der EU

In ihrer Mitteilung zur Besteuerung von Unternehmen in der EU im 21. Jahrhundert von Mitte Mai kündigt die Europäische Kommission verschiedene kurz- und längerfristige Maßnahmen an, um ein faireres und effizientes Steuersystem zu befördern. Gleichzeitig legte sie ihren Jahresbericht 2021 zum Steuerwesen in der EU vor, der die nationalen steuerpolitischen Entwicklungen beschreibt und deren Ausrichtung an europäischen Prioritäten bewertet.

Steuerfragen gehören eher zu den schwierigen Themen in der europäischen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und sind in erster Linie nationale Angelegenheit. Die Europäische Kommission hat bereits in der Vergangenheit mehrere Anläufe unternommen, die Regeln für die  Körperschaftsteuer in der EU zu vereinheitlichen und damit die Steuerkonkurrenz zwischen den Staaten zu verringern. Zur Steuergerechtigkeit in der EU beitragen, dass hatte sich die EU-Verwaltung seit Beginn ihrer Arbeitsphase vorgenommen. Sie strebt eine gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage an, um Unternehmen – besonders grenzübergreifend agierenden - ein einheitliches Regelwerk von Richtwerten in der Europäischen Union zu bieten.

Thierry Breton, Europäischer Binnenmarktkommissar Quelle: Europäische Kommission

Thierry Breton, Europäischer Binnenmarktkommissar
Quelle: Europäische Kommission

In der Mitteilung “Eine Unternehmensbesteuerung für das 21. Jahrhundert” wird eine  langfristige als auch eine kurzfristige Vision skizziert, mit der die wirtschaftspolitische Erholung nach der Pandemie einerseits und angemessene öffentliche Einnahmen in den kommenden Jahren andererseits gewährleistet werden sollen.

Für die Schaffung eines einheitlichen Regelwerks für die Körperschaftsteuer in der EU wird die Kommission einen Vorschlag im Jahr 2032 vorlegen, dass kündigte sie in ihrer Mitteilung an. Ein Rechtsrahmen soll helfen, steuerliche Hemmnisse im europäischen Binnenmarkt abzubauen, eine gerechtere Aufteilung der Steuerhoheit zwischen den Mitgliedstaaten zu schaffen, Folgekosten zu senken, Steuerschlupflöcher zu schließen, Arbeitsplätze in der EU zu erhalten und Investitionen im Binnenmarkt zu fördern, so die Liste der Ziele. Die Kommission möchte die Zukunft der Besteuerung in der EU breiter diskutieren und kündigt ein Steuer-Symposium für nächstes Jahr an, zum Thema „EU-Steuermix auf dem Weg zu den Zielen von 2050“.

Die Mitteilung enthält darüber hinaus eine sogenannte Steueragenda für sofort. Darin ist vorgesehen, die Bedingungen für die Unternehmensfinanzierung zu verbessern, durch eine geplante Förderung der Eigenkapitalfinanzierung, indem die Eigenkapitalkosten gegenüber Fremdkapitalkosten steuerlich gleichgestellt werden. Weitere Maßnahmen zielen darauf ab, effektive Steuersätze bestimmter in der EU tätiger Großkonzerne transparenter zu machen. Außerdem soll gegen den Missbrauch von Briefkastenfirmen durch neue Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuervermeidung vorgegangen werden.

Die Kommission legte außerdem eine Empfehlung an die EU-Staaten über die steuerliche Behandlung von Verlusten bei inländischen Sachverhalten vor. Darin werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, Unternehmen den Verlustrücktrag zumindest auf das vorangegangene Geschäftsjahr zu gestatten. Dies soll Unternehmen zugutekommen, die in den Jahren vor der Pandemie rentabel waren, sodass sie ihre 2020 und 2021 erlittenen Verluste mit den Steuern verrechnen können, die sie vor 2020 gezahlt haben. Von dieser Maßnahme profitieren nach Auffassung der Behörde insbesondere KMU.

Einen Überblick über die Steuerpolitiken der EU-Länder gibt der Jahresbericht der EU zur Besteuerung 2021. Ein Analysepunkt ist, wie nationale Steuereinnahmen zu den politischen Prioritäten der EU beitragen.

Diese Prioritäten sind folgendermaßen beschrieben:

  • Förderung von Innovation und Produktivität und die Unterstützung der Wirtschaft bei den  digitalen und globalen Herausforderungen

  • Unterstützung auf dem Weg zu einer ökologischen Nachhaltigkeit und einer guten öffentlichen Gesundheit

  • Unterstützung des Übergangs zu klimaneutralen und widerstandsfähigeren Volkswirtschaften

  • Bekämpfung von Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und Missbrauch, um sicherzustellen, dass jeder seinen gerechten Anteil zahlt

  • Beitrag zu sozialer Gerechtigkeit und Wohlstand.

TOTAL RECEIPTS FROM TAXES AND COMPULSORY ACTUAL SOCIAL CONTRIBUTIONS, EU-27 AND MEMBER STATES, 2009-2019, % OF GDP, Quelle: Europäische Kommission

TOTAL RECEIPTS FROM TAXES AND COMPULSORY ACTUAL SOCIAL CONTRIBUTIONS, EU-27 AND MEMBER STATES, 2009-2019, % OF GDP, Quelle: Europäische Kommission

Aus dem Bericht geht hervor, dass die jährlichen Steuereinnahmen in der EU in allen Mitgliedstaaten stabil waren, die durchschnittliche Steuerbelastung der Arbeit und die durchschnittliche Körperschaftsteuer in der EU von 21,9 % im Jahr 2019 auf 21,5 % im Jahr 2020 leicht gesenkt wurde. Die Länder führten neue steuerliche Maßnahmen ein, um Innovation und Produktivität zu fördern. Die Umweltbesteuerung, die die Kommission als nützliches Instrument für die Erreichung der klima- und umweltpolitischen Ziele ansieht, ist noch wenig verbreitet. Mit Blick auf die Covid-19-Pandemie raten die Autor*innen, Steuerpolitik als integralen Bestandteil in die Aufbaumaßnahmen aufzunehmen, um die Belastungen durch die Krise abzufedern. Die Staaten sollten den Aufschwung zum Anlass nehmen, die nationalen Haushalte zu reformieren, um den bekannten Herausforderungen - Klimawandel, Umweltzerstörung, Bevölkerungsalterung, Digitalisierung, Globalisierung – haushaltspolitisch begegnen zu können.

Die sich aus dem Bericht ergebenden Schlussfolgerungen nutzt die Europäische Kommission in ihren Länderanalysen im Europäischen Semester und wird – wo notwendig - spezifische Empfehlungen zur Steuerpolitik an die national Verantwortlichen richten.

Ulrike Wisser