Europäische Handelsstrategie nicht mit politischen Problemen überfrachten fordert EU-Kabinettschef für Wirtschaft und Handel
Michael Hager, der Kabinettschef des für Wirtschaft und Handel zuständigen Vizekommissionspräsidenten Valdis Dombrovski stellte sich in einer digitalen Veranstaltung der Vertretung Hessens bei der EU den Fragen des FAZ-Journalisten Hendrik Kafsack.
Michael Hager im Gespräch
Quelle: Staatskanzlei Hessen.de
Unter der Überschrift „Die neue EU-Handelsstrategie: Handelspolitik im Kontext der globalen Entwicklungen und Herausforderungen“ ging es um die Vorstellungen der Kommission zur internationalen Handelspolitik in der Nachpandemiezeit und zu Handelsabkommen mit schwierigen Partnern. Die Handelsstrategie mit dem Titel „Eine offene, nachhaltige und entschlossene Handelspolitik“, die im Februar dieses Jahres vorgelegt wurde, sei nicht so sehr beachtet worden, gab Michael Hager auf Nachfrage zu. Trotzdem würden aktuelle Handelsthemen sehr wohl wahrgenommen, darauf wies er hin und nannte als Beispiele die Debatten um die Beziehungen der EU zur USA und zu China, der Handel mit Medizinprodukten und die damit verbundenen Schwierigkeiten, aber auch die Neubesetzung der Leitung der Welthandelsorganisation. Hager, der in der letzten Kommission Kabinettschef des damaligen Haushaltskommissars Günther Öttinger war, ist davon überzeugt, dass die neue Strategie der EU zum richtigen Zeitpunkt kam. Die Strategie sei kein Aktionsplan, unterstrich er, sondern soll zur Konsensbildung in der Gemeinschaft zu den wichtigen handelspolitischen Fragestellungen von heute beitragen.
Aus seinen Äußerungen war herauszuhören, dass eine Handelspolitik zwar auch politische Ziele, wie den Klimaschutz, mit verfolgen muss, aber einzelne Handelsabkommen nicht mit allen möglichen Problemen überfrachtet werden sollten. Er machte nochmal deutlich, was die originäre Aufgabe von Handel ist. Ausgangspunkt der Handelspolitik sei für die EU und ihre Mitgliedstaaten der Wohlstand, sagte er. Die EU exportiere viel, ohne florierenden Handel würde es der Gemeinschaft schwerfallen, den Wohlstand zu erhalten und darüber eigene politische Schwerpunkte, wie den Green Deal, umzusetzen. Handelsabkommen mit allen möglichen Themen zu überfordern, argumentierte er weiter, würde gehen, könne den Handel aber erschweren und diesen möglicherweise sogar einschränken. Damit nahm er Bezug zu den von Hendrik Kafsack ins Gespräch gebrachten Forderungen einiger Fraktionen im Europaparlament, zukünftige Handelsabkommen mit China und dem Mercosur stärker auf die Einhaltung von Menschenrechten und den Klimaschutz auszurichten.
Den Vertrag mit Mercosur mit den Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay, and Uruguay, der kurz vor der Fertigstellung steht, hält der Kabinettschef für gut, nur das Thema Nachhaltigkeit müsse noch verfeinert werden. Angesprochen auf die Handelspolitik der EU mit China bestätigte er, dass es nicht immer ganz einfach ist. Das Handelsinvestitionsabkommen mit China im Dezember letzten Jahres ist für ihn ein positiver Fortschritt. Dass die politischen Probleme seitdem größer geworden sind, bedauert er, weil es die nötige Vertrauensbildung erschwere. Trotzdem müssen seiner Meinung nach Lösungen gefunden werden und die EU China gegenüber verdeutlichen, dass die Gemeinschaft das Land braucht. Ihm scheint es wichtig, die Themen zu differenzieren. Die EU benötigt eine übergreifende Strategie mit China, sagte er, die sich mit den vielen politischen Fragen befasst und gleichzeitig ein Handelsabkommen entlasten könnte. Obwohl er ein Abkommen aktuell aufgrund von bestehenden Sanktionen nicht für realistisch hält, sprach er sich grundsätzlich zugunsten eines Handelsvertrag aus. Der Status Quo sei nicht förderlich für die Unternehmen und die Wirtschaft in Europa, so begründete er seine Haltung, deshalb müsse man hier weiterkommen. Gefragt nach seiner Meinung zur Seidenstraßeninitiative Chinas antwortete er, dass diese für ihn dort Sinn macht, wo es den Handelsaustausch verstärkt. Allerdings, so schränkte er ein, gefalle der Kommission nicht alles, was China an manchen Standorten umsetze. Dort müssten dann Grenzen gesetzt werden.
Die Handelskooperation mit den USA war ebenfalls Thema des Gesprächs. Michael Hager berichtete von einer veränderten, angenehmeren Tonlage bei den Gesprächen mit der neuen Administration. In der Sache habe sich die politische Ausrichtung aber nicht sehr verändert. Die Themen und Konflikte bestehen weiter, allerdings sei wieder mehr gegenseitiges Verständnis füreinander zu spüren. Wichtig ist ihm, dass die Zusammenarbeit mit den USA im digitalen Bereich gestärkt wird. Dafür ist ein EU-USA-Technologierat in Planung, eine Art Handels- und Technologiegremium, merkte er an, in dem die großen Fragen der Digitalisierung besprochen werden.
Mehr Informationen zu den verschiedenen bestehenden Handelsabkommen mit Drittstaaten sind hier nachzulesen.