Vorschlag zum digitalen Kompass der EU für die kommenden Jahre vorgelegt

Die Europäische Kommission stellte am 9. März ihre Auffassung zu einem digitalen Kompass der EU vor, der Zielvorgaben und Schlüsselinitiativen zur weiteren Digitalisierung der Gemeinschaft für die Zeit bis zum Jahr 2030 festlegt.

Die Mitgliedstaaten hatten über den Europäischen Rat um einen solchen Plan gebeten, damit die  Union „digital souverän“ wird. So sollen technologische Fähigkeiten in einer Weise aufgebaut werden, die Menschen und Unternehmen befähigt, das Potenzial der digitalen Transformation zu nutzen.

Quelle: Europäische Kommission

Quelle: Europäische Kommission

In ihrer Mitteilung „2030 Digital Compass: the European way for the Digital Decade“ gruppiert die EU-Behörde die digitalen Ziele um die vier Schlüsselthemen digitale Kompetenzen, digitale Infrastrukturen, digitaler Umbau der Unternehmen sowie Digitalisierung öffentlicher Dienste.

Bis zum Jahr 2030 sollen mindestens 80 % aller Erwachsenen über grundlegende digitale Kompetenzen verfügen und in der EU 20 Millionen IKT-Fachkräfte beschäftigt sein, so lauten die Benchmark für den ersten Bereich.

Bei der Infrastruktur strebt die Kommission an, dass alle Haushalte in der EU über eine Gigabit-Anbindung verfügen und alle bevölkerten Gebiete mit 5G-Netzen versorgt sind. 20 % der hochmodernen und nachhaltigen Halbleiter weltweit sollten in Europa hergestellt und 10.000 klimaneutrale hochsichere Edge-Knoten aufgebaut werden. Außerdem sollte Europa bis dahin seinen ersten Quantencomputer haben. Angestrebt wird eine sichere und autonomere Datenwirtschaft. Dafür soll eine Verlagerung von zentralisierten Clouds hin zu neuen Datenverarbeitungstechnologien rund um das sogenannte „Edge Computing“ stattfinden, was nach Auffassung der Kommission wiederum eine Erhöhung der Investitionen und einen Anstieg der Neuentwicklungen erfordert. „Heute werden in Europa produzierte Daten in der Regel außerhalb Europas gespeichert und verarbeitet. Somit wird ihr Wert auch außerhalb Europas ausgeschöpft,“ heißt es in dem Dokument. Während Unternehmen, die Daten erzeugen und verwerten, in dieser Hinsicht zwar die freie Wahl behalten sollten, ist weiter zu lesen, könne dies jedoch Risiken in Bezug auf Cybersicherheit, Versorgungsschwachstellen, Ausweichmöglichkeiten sowie den unrechtmäßigen Zugriff auf Daten durch Drittländer mit sich bringen.

Die Digitalisierung von Unternehmen soll in den nächsten neun Jahren soweit voranschreiten, dass drei von vier Firmen in der EU Cloud-Computing-Dienste, „Big Data“ und künstliche Intelligenz nutzen. Über 90 % der KMU sollten zumindest eine grundlegende digitale Intensität erreicht haben. Vor allem für die fünf Sektoren Landwirtschaft, Mobilität, Bau, Produktion und Gesundheit möchte die Kommission das Potential der Digitalisierung genutzt sehen. Für den Gesundheitsbereich liegt dabei ein Augenmerk auf der Einführung von mehr Online-Interaktion, papierlosen Diensten, elektronischer Zugriff auf Daten und die Automatisierung.

Die im Kompass beschriebene Zielmarge für die öffentliche Verwaltung ist, dass alle wichtigen öffentlichen Dienste in 2030 online verfügbar sind. Alle Bürger*innen sollen zudem eine elektronische Patientenakte haben und 80 % von ihnen sollten eine elektronische ID nutzen können.

Vizekommissionspräsidentin Margrethe Vestager und Binnenmarkt-Kommissar Thierry Breton bei der Vorstellung des Digital Compass, Quelle: Europäische Kommission

Vizekommissionspräsidentin Margrethe Vestager und Binnenmarkt-Kommissar Thierry Breton bei der Vorstellung des Digital Compass, Quelle: Europäische Kommission

Die Kommission sieht auch Mehrländerprojekte vor, die neben den notwendigen Maßnahmen in den Mitgliedstaaten EU-weit umgesetzt werden. Zu solchen Projekten zählen etwa eine europaweit vernetzte Datenverarbeitungsinfrastruktur, die Konzeption und Verbreitung der nächsten Generation stromsparender vertrauenswürdiger Prozessoren oder vernetzte öffentliche Verwaltungen.

Um die Fortschritte in den kommenden Jahren nachhalten zu können, wird ein Monitoringverfahren eingeführt, über das jährliche Berichte und spezifische Empfehlungen für das weitere Vorgehen entstehen. So stellt es sich zumindest die Kommission vor.

Der jetzt vorgelegte Vorschlag bildet den Beginn eines Abstimmungs- und Konsultationsverfahrens, an dessen Ende ein zwischen den EU-Institutionen abgestimmtes politisches Programm stehen soll. Das enthält dann die konkreten Ziele des Digitalkompasses in den vier genannten Themenbereichen, Bestimmungen zur Governance-Struktur sowie zur Organisation der Mehrländerinitiativen. Wichtiger Baustein des Kompasses sind ebenfalls digitale Grundsätze, die sich an den Grundrechten der EU orientieren. Die EU-Verwaltung würde diese gerne in einer interinstitutionellen Erklärung bis Ende dieses Jahres festschreiben.

Ulrike Wisser