Gemeinsame Forschungsstelle der EU empfiehlt bessere Steuerung der Fachkräftemobilität im Gesundheitswesen und Langzeitpflege
Die Gemeinsame Forschungsstelle (GFS) der Europäischen Kommission veröffentlichte Ende Februar einen Bericht zum zukünftigen Fachkräftebedarf im Gesundheitswesen und der Langzeitpflege. Sie empfiehlt, spezifischere Strategien und zielgerichtete Maßnahmen aufzulegen, um die Migration und die grenzüberschreitende Mobilität für die Anwerbung von Gesundheitspersonal stärker zu nutzen.
Die Gemeinsame Forschungsstelle ist Teil der Europäischen Kommission und fungiert – neben anderen Fachagenturen - als wissenschaftlicher Dienst für die Kommission. Ihre Aufgabe ist, eine faktengestützte wissenschaftliche Beratung für die Politikgestaltung der EU zu liefern. Bei den Arbeiten zur Fachkräftemobilität im Gesundheitswesen und der Langzeitpflege hat sich die Forschungsstelle auf das Wissenszentrums der Europäischen Kommission für Migration und Demographie gestützt. Die seit 2016 bestehende virtuelle Wissensplattform bringt Erkenntnisse zu diesen Themen zusammen, die von europaweiten Partnerschaften und Netzwerken zusammengetragen werden. So befasst sich das Zentrum unter anderem mit der Frage der Fachkräfteentwicklung in der EU vor dem Hintergrund von Demografie, Migration und digitaler Technologien.
Mit dem Bericht zum Fachkräftebedarf in der Gesundheits- und Langzeitpflege beschreiben die Autor*innen die Herausforderungen, die sich aus dem steigenden Bedarf an Arbeitskräften in diesen Sektoren ergeben, und die Chancen, die Einwanderung und die digitale Entwicklung bieten. Angesichts der alternden Bevölkerung in der EU wird davon ausgegangen, dass zwischen heute und dem Jahr 2030 11 Millionen Arbeitnehmer*innen mehr in den Gesundheits- und Langzeitpflegeeinrichtungen gebraucht werden. Dabei führt der Anstieg der Zahl älterer Menschen nicht nur zu einer größeren Nachfrage nach Dienstleistungen, sondern auch zu einem höheren Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften, unterstreicht die GFS. Ein Großteil dieser Nachfrage werde bisher noch inländisch abgedeckt, heißt es, aber die Migration aus Drittländern und die Mobilität innerhalb der EU spiele eine immer wichtigere Rolle.
Quelle: JCR, Health and Longterm Care Workforce – Demographic challenges and the potential contribution of migration and digital technology, 2021
Zahlen aus dem Jahr 2018 zeigen, dass in der EU rund zwei Millionen Gesundheits- und Langzeitpflegekräfte in einem anderen Land arbeiten als dem, in dem sie geboren wurden. Der Anteil aller Beschäftigten im Gesundheitswesen aus einem anderen EU-Land lag in dem Jahr bei 13,2 % des Personals. Die Zahlen verdeutlichen weiterhin, dass mehr als zwei Drittel der ausländischen Fachkräfte in den fünf EU-Ländern Deutschland, Italien, Schweden, Frankreich und Spanien beschäftigt waren. Trotzdem, darauf wird in dem Bericht verwiesen, fällt die EU-Quote noch deutlich geringer aus als in weiteren Staaten, wie dem Vereinigten Königreich oder den USA.
Die GFS empfiehlt daher, das Potenzial der Migration aus Drittländern, aber auch die Möglichkeiten der grenzübergreifenden Mobilität zu Arbeitszwecken in der Gemeinschaft stärker zu nutzen. Dafür müsse an den bestehenden Problemen gearbeitet werden, die die Expert*innen folgendermaßen beschreiben:
Derzeit gibt es kein gemeinsames sektorspezifisches Instrument für eine Arbeitsmigration in die EU, um ausländische Gesundheits- und Langzeitpflegekräfte anzuwerben. Das bedeutet, dass potenzielle Arbeitnehmer*innen sich in den unterschiedlichen Qualifikations- und Beschäftigungsprofilen, die es in den Mitgliedstaaten gibt, bewegen müssen und dass es keine sektorbezogenen Migrationskanäle für Langzeitpflegekräfte gibt.
Zu den Migrationsanforderungen gehört in der Regel die Anerkennung von Qualifikationen als Voraussetzung für die Ausübung regulierter Gesundheitsberufe. Die damit verbundenen komplexen Verfahren stellen eine Herausforderung für Fachkräfte dar, deren gesundheitsbezogene Ausbildungen sich erheblich von denen in der EU unterscheiden.
Für Langzeitpflegekräfte ohne formale Qualifikationen, aber mit Erfahrungen und informellen Kompetenzen, fehlen spezifische Bewertungs- und Anerkennungsinstrumente, was Einstellungen erheblich erschwert.
Internationale Partnerschaften für die Rekrutierung von Gesundheits- und Langzeitpflegepersonal sind nach wie vor begrenzt in Anzahl und Umfang.
Um Fachpersonal aus Drittländern perspektivisch erfolgreich anwerben zu können, braucht es deshalb nach Auffassung der Autor*innen zielgerichtete Strategien für die Gesundheits- und Langzeitpflegesysteme in der Migrationspolitik. Aber Achtung, sagt die Forschungsstelle, die Vorstellungen müssen im Einklang mit dem Globalen Verhaltenskodex der WHO stehen. Spezifische Mobilitätsstrategien sollten auch darauf ausgerichtet sein, so wird empfohlen, eine wechselseitige Migration zu befördern, die sowohl für die Herkunfts- als auch für die Zielländer Vorteile bringen.
Die Europäische Kommission wird die detaillierten Empfehlungen für die weiteren Arbeiten in den unterschiedlichen Initiativen berücksichtigen. Beim Aufbau einer europäischen Gesundheitsunion beispielsweise spielt das Thema Fachkräfte eine große Rolle. Aber auch bei den Aufgaben der EU zum Thema Fachkräfteentwicklung, wie dem „Pakt for Skills“ oder bei der Förderung nachhaltiger Systeme der Langzeitpflege können die Vorschläge weiterhelfen.