Neue EU-Verordnung über die Bewertung von Gesundheitstechnologien verabschiedet

Fast vier Jahre nach Veröffentlichung des Verordnungsvorschlags für die Bewertung von Gesundheitstechnologien konnte das Gesetzgebungsverfahren nun abgeschlossen werden.

Die neuen Vorschriften ersetzen das bisherige System der EU-finanzierten projektbasierten Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten beim Assessment von neuen Arzneimitteln, bestimmten Medizinprodukten, medizinischen Geräten sowie Präventions- und Behandlungsmethoden.

Die Europäische Kommission hatte ihren Vorschlag im Januar 2018 vorgelegt und das Europäische Parlament seinen Standpunkt in erster Lesung im Februar 2019 abgeschlossen. Im Rat konnten sich die Mitgliedstaaten erst im März diesen Jahres auf ein erstes Teilmandat für die Aufnahme informeller Verhandlungen mit dem EP einigen, gefolgt von einer gemeinsamen Position drei Monate später.

Quelle: Europäische Kommission

Bei einer Bewertung von Gesundheitstechnologien (Health Technology Assessment – HTA) werden Informationen über medizinische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und ethische Fragen im Zusammenhang mit dem Einsatz einer Gesundheitstechnologie zusammengetragen. Beispiele für Gesundheitstechnologien sind Arzneimittel, medizinische Ausrüstung und Diagnostika. Mit der Verordnung soll gewährleistet werden, dass die in der EU bestehenden Ressourcen insgesamt effektiver genutzt, die Qualität der Assessmentverfahren verbessert und damit Doppelungen und inhaltlich parallellaufende Bewertungen vermieden werden. Sie werde nicht, so unterstreicht die Kommission erneut in einem Statement, die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten – z.B. bei der Verwaltung der Gesundheitsdienste, der Preisgestaltung und Erstattung – einschränken.

Die Verordnung regelt die klinischen Aspekte von HTA, d. h. die relative klinische Wirksamkeit und die relative klinische Sicherheit einer neuen Gesundheitstechnologie gegenüber bestehenden Technologien. Die nationalen Prüfstellen müssen zukünftig gemeinsame klinische Bewertungen neuer Arzneimittel und bestimmter Medizinprodukte mit hohem Risiko vornehmen. Auch die wissenschaftlichen Untersuchungen und Beratungen sollen stärker EU-weit durchgeführt werden.

Die EU möchte mit dem Gesetz ebenfalls dazu beitragen, frühzeitiger vielversprechende Gesundheitstechnologien zu ermittelt und die nationalen Gesundheitssysteme bei der Vorbereitung auf diese Technologien zu unterstützt.

Die Verordnung tritt 20 Tage nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft. Es wird eine Übergangszeit von drei Jahren geben, in der die Kommission u. a. die vorgesehene Koordinierungsgruppe der Mitgliedstaaten einsetzt, eine Gruppe aus offiziellen nationalen Vertreter*innen. Die Koordinierungsgruppe wird die fachlichen Arbeiten übergreifend steuern. Untergruppen sollen bestimmte Aufgaben, wie z.B. gemeinsame klinische Bewertungen, gemeinsame wissenschaftliche Konsultationen oder Leitlinien zur Methodik, übernehmen. Zusätzlich zu diesem Gremium wird es ein europäisches Netzwerk von Interessenverbänden geben. Dort sind vor allem Patientenorganisationen, Berufsverbände im Gesundheitswesen, klinische und akademische Fachgesellschaften sowie Entwickler und Kostenträger von Gesundheitstechnologien vertreten.

Die EU-Behörde muss des Weiteren die erforderlichen Durchführungsrechtsakte und delegierten Rechtsakte erarbeiten. Ein Q&A-Dokument zur neuen HTA-Verordnung ist hier hinterlegt.

Ulrike Wisser