Die Erwartungen der KMU an die EU-Industriestrategie 2021

Die Vertretung Hessens bei der EU führte in der Reihe ihrer Live-Veranstaltungen eine Debatte Mitte Oktober zu den Erwartungen von kleinen und mittleren Unternehmen an die Industriestrategie der Europäischen Union durch. Das Event wurde in Kooperation mit der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein durchgeführt.

In der Diskussionsrunde zwischen der Präsidentin der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein Susanne Haus, dem stellvertretenden Generaldirektor für Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU der Europäischen Kommission und Nicola Beer, FDP-Europaabgeordnete und Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, ging es um die Berücksichtigung der Interessen des Mittelstandes in der europäischen Politik. Als wesentlicher Kritikpunkt zog sich durch das Gespräch, dass die Erwartungen und Bedürfnisse von KMU in der Industriestrategie als auch in weiteren zentralen Strategien der EU zu kurz kommen.

So vertrat Nicola Beer die Meinung, dass es an Verständnis für den Mittelstand auf europäischer Ebene fehle und in erster Linie die Großindustrie im Blickpunkt der Institutionen stehe. KMU, sagte sie, bräuchten mehr als nur eine Digital- und Klimaneutralitätsperspektive. So würden mehr Investitionen und weniger Verwaltungsanforderungen benötigt. Ihr geht der versprochene sogenannte „1 in, 1 out“-Ansatz bei Verwaltungsanforderungen für Unternehmen nicht weit genug. Für jede neue Regelung müssten zwei bestehende abgeschafft werden, meinte sie, um wirklich einen  Bürokratieabbau zu erreichen.

Auch die Frage der Steuerpolitik wurde angesprochen. So plädierte ein Teil der Runde dafür, Steuererleichterung bei der Investition in Forschung und Weiterbildung stärker anzuerkennen. Zusätzliche Steuerbelastungen wurden eher abgelehnt und die sich in der Debatte befindlichen neuen Einnahmequellen für die EU kritisch gesehen.

Es wurde angemahnt, die Auswirkungen und Interessen von kleinen und mittleren Unternehmen bei den vielfältigen Strategien der EU stärker mit zu berücksichtigen. So sei beispielweise die von der Europäischen Kommission vorgeschlagene „Fit für 55“-Strategie für KMU eine Überforderung. Die vielen kleinteiligen Regeln seien für große Unternehmen möglicherweise zu erfüllen, war zu hören, aber sicher nicht für die kleinen Unternehmen. Allgemein wurde weiter kritisiert, dass die vielfältigen in ihren Zielen und Anforderungen nicht immer kohärent seien.

Vor dem Hintergrund der Erfahrungen in der Pandemie kündigte der Kommissionsvertreter ein Notfallinstrument für die Wirtschaft in Krisenzeiten an, durch dass die Freizügigkeit von Gütern, Dienstleistungen und Fachkräften abgesichert werden soll.

Das Livestream steht als Video auf der Hessen in Berlin und Europa-Webseite zur Verfügung.

Ulrike Wisser