Kommission schlägt Verkehrsregeln für die digitale Wirtschaft in der Union vor
Am 15. Dezember legte die Europäische Kommission ihren Vorschlag für das gefühlt am meisten erwartete, diskutierte und lobbyierte Gesetzespakt im Jahr 2020 vor. Mit dem Gesetz über digitale Dienste und dem Gesetz über digitale Märkte werden die Vorschriften für alle digitalen Dienste, wie soziale Medien, Online-Marktplätze und andere Online-Plattformen festgelegt, die in der Europäischen Union tätig sind.
Kommissionsvizepräsidentin Margrethe Vestager und Kommissar Thierry Breton
Quelle: Europäische Kommission
Das große Interesse zeigte sich bereits im Vorfeld der Gesetzesvorlage. An der öffentlichen Konsultation, die die Europäische Kommission im Sommer diesen Jahres begann, beteiligten sich mehr als 3.000 Organisationen, Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen und öffentliche Behörden.
Mit den neuen Bestimmungen sollen die Verbraucher und ihre Grundrechte im Internet besser geschützt und gleichzeitig faire und offene digitale Märkte für alle befördert werden. So fasst die EU-Behörde ihr Anliegen kurz zusammen. Online-Dienste sollen durch die Regeln außerdem besser und zuverlässiger und neue und kleinere Plattformen durch KMU und Start-ups angeregt werden.
Um es mit den Worten des für den Binnenmarkt zuständigen Kommissars auszudrücken „Mit harmonisierten Vorschriften, Vorabverpflichtungen, besserer Beaufsichtigung, zügiger Durchsetzung und abschreckenden Sanktionen werden wir dafür sorgen, dass alle, die digitale Dienste in Europa anbieten und nutzen, von Sicherheit, Vertrauen, Innovation und Geschäftsmöglichkeiten profitieren.“
Das Gesetz für digitale Märkte zielt speziell auf sogenannte Gatekeeper-Plattformen ab, die für unlautere Praktiken am anfälligsten sind, z. B. Suchmaschinen, soziale Netzwerke oder Online-Vermittlungsdienste, soweit sie den objektiven gesetzlichen Kriterien für eine Einstufung als Torwächter entsprechen. Für die Bestimmung mutmaßlicher Gatekeeper legt das Gesetz quantitative Schwellenwerte fest. Die Kommission soll befugt werden, Unternehmen nach einer Marktuntersuchung als Torwächter einstufen zu können, die dann die geltenden Vorschriften berücksichtigen müssen. Mit den Regeln soll niemand aus dem EU-Binnenmarkt vertrieben werden. Die Kommission sei nicht dazu da, Unternehmen zu blockieren, aber sie sei dafür da, Dinge zu regeln, erklärte Breton auf eine kritische Nachfrage hin in der Pressekonferenz..
Das Gesetz über digitale Dienste richtet sich in erster Linie an den elektronischen Geschäftsverkehr und Online-Vermittler sowie Online-Dienste. Es sieht EU-weit verbindliche Pflichten für alle digitalen Dienste vor, die den Verbrauchern Waren, Dienstleistungen oder Inhalte vermitteln. Das Gesetz legt außerdem neue Verfahren für die schnellere Entfernung illegaler Inhalte fest und soll einen umfassenden Schutz der Grundrechte der Nutzer im Internet gewährleisten. Konkret führt das Gesetz eine Reihe neuer EU-weit einheitlicher Verpflichtungen für digitale Dienste ein, die sich aber je nach Größe und Auswirkungen dieser Dienste unterscheiden. Der Rechtsakt enthält
Vorschriften für die Entfernung illegaler Waren, Dienstleistungen oder Inhalte aus dem Internet,
Schutzvorkehrungen für Nutzer, deren Inhalte von Plattformen irrtümlicherweise gelöscht werden,
neue Pflichten für sehr große Plattformen, um den Missbrauch ihrer Systeme zu verhindern,
weitreichende Transparenzmaßnahmen, einschließlich Online-Werbung und Algorithmen, durch die Nutzern Inhalte empfohlen werden,
Vorschriften für die Nachverfolgbarkeit gewerblicher Nutzer auf Online-Marktplätzen, um Verkäufer illegaler Waren oder Dienstleistungen leichter aufspüren zu können.
Plattformen, die mehr als 10 % der EU-Bevölkerung (45 Mio. Nutzer) erreichen, gelten als systemrelevant und unterliegen besonderen Verpflichtungen in Bezug auf das Management ihrer eigenen Risiken. Außerdem ist eine neue Aufsichtsstruktur vorgesehen, die Vorgaben und Überwachung liegt in der Verantwortung von nationalen Stellen. Die Kommission selbst möchte besondere Befugnisse erhalten, um sehr große, europaweit agierende Plattformen beaufsichtigen und bei Bedarf sanktionieren zu können.
Das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten müssen nun den Verordnungsvorschlägen im Gesetzgebungsverfahren zustimmen. Die Kommission hat bereits eine Reihe von Erwartungen der EU-Organe in ihren Texten berücksichtigt. Einigkeit besteht zwischen den Mitgliedstaaten vor allem in grundsätzlichen Fragen, wie die Aktualisierung des Rechtsrahmens, die Modernisierung der wichtigsten Prinzipien der E-Commerce-Richtlinie, die Festlegung klarer Verantwortlichkeiten von Online-Plattformen und die bessere Durchsetzung der rechtlichen Vorgaben. Darüber hinaus gibt es unterschiedliche Erwartungen seitens der Mitgliedstaaten an die Gesetze. Das Mediennetzwerk Euractiv hat diese für seinen Digital Brief unter dem Titel „DSA and DMA – member states respond“ herausgearbeitet.
Die zuständigen Ratsarbeitsgruppen werden sich bereits ab Anfang Januar unter portugiesischem Vorsitz mit den Dossiers befassen.