Aufbaufonds und neue EU-Förderprogramme können 2021 an den Start gehen
Mit der von den Medien breit beachteten und kommunizierten Einigung beim Europäischen Dezembergipfel in Brüssel zur mittelfristigen Finanzplanung für die EU und dem europäischen Coronavirus-Aufbaufonds kann die konkrete Vorbereitung der Förderprogramme und Fonds der EU an den Start gehen.
Grundlage für den Abschluss der unterschiedlichen formalen Gesetzgebungsverfahren und der Vorbereitung der einzelnen Sektorprogramme der EU war diese politische Einigung der Staats- und Regierungschefs. Ein Stolperstein stellte die nicht von allen geteilte Absicht dar, die Ausgabe von Fördermitteln an die Beachtung der Rechtsstaatlichkeit zu knüpfen und damit den größeren EU-Haushalt besser zu schützen.
In ihren Schlussfolgerungen zum Umgang mit dieser Frage formulierte das oberste Ratsgremium seine politische Antwort. Der vorgesehene Konditionalitätsmechanismus zu Rechtsstaatlichkeit soll objektiv, fair, unparteiisch und faktengestützt erfolgen, heißt es dazu im Text. Der Rat fordert ein ordnungsgemäßes Verfahren, dass Mitgliedstaaten nicht diskriminiert, sondern sie gleichbehandelt. Der zwischen den EU-Staaten umstrittene Mechanismus soll auch nur dann eingesetzt werden, wenn andere bereits bestehende gesetzliche Vorschriften der EU, wie gemeinsame Bestimmungen der Haushaltsordnung oder Vertragsverletzungsverfahren, nicht greifen.
Beim Europäischen Parlament kam das Ergebnis vom Europäischen Gipfel nicht bei allen positiv an. Das EP fordert ein breiteres Verständnis von Rechtsstaatlichkeitsvergehen, wenn es um die Auszahlung von Mitteln aus EU-Fonds geht. Der alleinige Fokus auf die nationale Praxis und Verfahren der Mittelvergabe und darauf bezogene mögliche Verletzungstatbestände geht dem EP nicht weit genug. Der Zwischenweg sieht nun vor, in einem ersten Schritt Leitlinien zu der Art und Weise zu erarbeiten, wie die Verordnung zur neuen Rechtsstaatskonditionalität angewendet wird. Diese Aufgabe ging an die Europäische Kommission, die sich dabei selbstredend eng mit den Mitgliedstaaten abstimmen muss. Erst wenn diese Orientierungshilfe vorliegt, so sieht es der Europäische Rat vor, können Maßnahmen im Sinne des neuen Gesetzes ergriffen werden. Kritiker befürchten, dass damit das Inkrafttreten der Regel um bis zu zwei Jahre nach hinten verschoben wird.
Bevor die EU-Behörde nun allerdings an die Vorbereitung der Leitlinien geht, sind die zahlreichen Rechtsetzungsverfahren für die formalen Beschlüsse zu dem Siebenjahres-Budget, dem Aufbaufonds und den EU-Sektorprogrammen für den Zeitraum 2021 bis 2027 abzuschließen.
Grundlage für den zukünftigen Haushalt ist eine Verordnung zur Festlegung des Mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2021 bis 2027 sowie ein Interinstitutionelles Abkommen zwischen Europäischen Parlament und dem Rat der EU. Mittlerweile wurden beide Beschlüsse sowohl vom Rat als auch vom Europäischen Parlament angenommen. Das EP bestätigte seine Entscheidung in der letzten Plenarsitzung des Jahres mit einer großen Mehrheit. Parlamentspräsident David Sassoli sagte, es sei ein historischer Haushalt für einen historischen Moment, mit Blick auf die Pandemie. Die Interinstitutionelle Vereinbarung ist ebenfalls fertig. Diese definiert Regeln für die Haushaltsdisziplin, für die Zusammenarbeit bei haushaltsbezogenen Angelegenheiten und für eine einwandfreie Budgetverwaltung. Weiter sind Vorgaben und der Zeitplan für die Einführung neuer Eigenmittel enthalten. Die EU-Institutionen hatten sich über neue Geldquellen verständigt, um die finanzielle Kapazität der EU im Nachgang der Coronapandemie zu vergrößern. Ab nächstes Jahr wird beispielsweise eine Steuer auf nicht recyclebaren Plastikabfall erhoben.
Die neuen Budgetentscheidungen bedeuten aber auch höhere Beiträge für die Mitgliedstaaten. Die noch in der Vor-Corona-Phase heftig verteidigte Obergrenze von höchstens 1,2 % des Bruttonationalprodukts wurde aufgegeben. Die nationalen Zuwendungen zum EU-Haushalt machen nun rund 1,4 % des BNPs jährlich aus. Der erhöhte Anteil muss ja auch die fehlenden Beiträge des Vereinigten Königreichs abfedern helfen, die der EU nach dem Austritt fehlen.
Neue Eigenmittel, als auch die Aufnahme von Geld in Höhe von 750 Mrd. € auf den Finanzmärkten für den Aufbaufonds brauchen die Zustimmung der nationalen Parlamente. Die diesbezüglichen Verfahren haben begonnen, werden aber noch bis ins neue Jahr dauern. Trotzdem kann der 2021er-Haushalt der EU beschlossen werden. Die Verpflichtungen belaufen sich für das nächste Jahr auf €164.2 Mrd. € und Zahlungen von €166.1 Mrd. €.
Ein Überblick über Zahlen und Fakten des nächsten siebenjährigen Haushalts und NextGenerationEU bietet dieses dreiseitige Factsheet.