Schutz der Grundrechte und faire Regeln durch digitales Binnenmarktgesetz garantieren

Das Europäische Parlament hat in seiner zweiten Sitzungswoche im Oktober drei Entschließungen angenommen, die seine Vorstellungen über das zukünftige Gesetzespaket für digitale Dienste und Online-Plattformen deutlich machen. Die Positionierung kommt im Vorfeld der Veröffentlichung des Vorschlags für das Paket, die die Europäische Kommission für Anfang Dezember angekündigt hat.

Mit den neuen Richtlinien soll die zwanzig Jahre alte Gesetzgebung abgelöst und der Rahmen für Online-Dienstleistungen und Plattformen neu reguliert werden. Ziel ist es, faire Regeln im Online-Geschäft sowie den Schutz von Grundrechten sicher zu stellen und illegale und schädliche Inhalte in sozialen Netzwerken zu verhindern.

Geregelt werden unter anderem Fragen zur Haftung für Inhalte, zur Niederlassung, Marktbeherrschung, Wettbewerbsbedingungen, Werbung, Sicherheit, Vertragswesen und zu Regulierungsstrukturen. Die Gesetze sollen sowohl für Unternehmen gelten, die in der EU ansässig sind, als auch für solche aus Drittländern, die ihre Dienste und Online-Produkte in der EU anbieten.

Die Vorarbeit für die Positionierung der Europaabgeordneten wurde in drei Ausschüssen geleistet. Der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz hat sich mit Fragen der Verbesserung der Funktionsweise des Binnenmarktes auseinandergesetzt. Der Rechtsausschuss befasste sich mit den anzupassenden handels- und zivilrechtlichen Vorschriften für online-tätige Unternehmen und der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres kümmerte sich um den Respekt von Grundrechten in digitalen Diensten.

Quelle: Europäisches Parlament

Quelle: Europäisches Parlament

Das Parlament fordert in seiner Entschließung zur Verbesserung der Funktionsweise des Binnenmarktes zukunftsorientierte Regeln für digitale Dienste wie Online-Plattformen und -Marktplätze und einen verbindlichen Mechanismus zur Eindämmung illegaler Inhalte. Das Parlament stellt auch klar: Die neuen Regeln des Gesetzes über digitale Dienste müssen genauso für alle außerhalb der EU niedergelassenen Anbieter digitaler Dienste gelten, deren Dienste sich auch an Verbraucher oder Nutzer in der EU richten. Außerdem fordert das Parlament spezifische Regeln, damit es wegen großer Plattformen nicht zu Marktversagen kommt. Lediglich die Folgen abzufedern, sei nicht genug. Ziel ist, die Märkte für neue Marktteilnehmer wie kleine und mittlere Unternehmen und Start-ups zu öffnen.

Das Parlament will auch das Prinzip „Kennen Sie Ihren Geschäftskunden“ einführen. So sollen Plattformen verpflichtet werden, Betrüger, die über ihre Dienste illegale und unsichere Produkte verkaufen, zu überprüfen, fordert es in seiner Entschließung zur Anpassung der handels- und zivilrechtlichen Vorschriften für online tätige Unternehmen. Das EP will auch, dass strikt zwischen illegalen und schädlichen Inhalten unterschieden wird: Eine Haftungsregelung soll nur für Inhalte gelten, die nach dem Recht der EU und der Mitgliedstaaten gesetzeswidrig sind. Die Plattformen sollten außerdem weder Upload-Filter noch andere Formen der Vorabkontrolle auf schädliche oder illegale Inhalte anwenden. Die endgültige Entscheidung darüber, ob Inhalte legal sind, solle vielmehr von einer unabhängigen Justizbehörde – und nicht von privaten Unternehmen – getroffen werden, so die Abgeordneten. Außerdem soll eine stärkere Verpflichtung der Unternehmen zur Transparenz dabei helfen, gegen schädliche Inhalte anzugehen. So soll ein verbindliches Melde- und Abhilfeverfahren eingerichtet werden, worüber Nutzer Online-Plattformen über möglicherweise illegale Inhalte oder Aktivitäten informieren können. Online-Plattformen hätten so die Möglichkeit, schnell zu reagieren und transparenter mit möglicherweise illegalen Inhalten umzugehen. Außerdem sollen die Nutzer über nationale Streitbeilegungsstellen Rechtsmittel einlegen können.

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Leitprinzipien des neuen Gesetzes sind für das Parlament der Grundsatz „Was außerhalb des Internets verboten ist, ist auch im Internet illegal“ sowie die Regeln für  Verbraucherschutz und Nutzersicherheit.

Strengere Regeln will es auch für gezielte Werbung bis möglicherweise einer allmählichen Abschaffung dieser. Das Gesetz solle ebenfalls das Recht beinhalten, digitale Dienste anonym zu nutzen, wann immer das möglich ist. Nicht zuletzt soll die Kommission eine Einschätzung dazu abgeben, ob eine europäische Stelle eingerichtet werden soll, um die Einhaltung der neuen Regeln zu überwachen und Strafen zu verhängen.

In der Entschließung zu den Grundrechten wird gefordert, dass bei der Entfernung von Inhalten „sorgfältig, verhältnismäßig und in nicht diskriminierender Weise“ vorgegangen wird. So sollten die Meinungs- und Informationsfreiheit, der Schutz der Privatsphäre und der Datenschutz gewahrt werden.

Das Parlament wird sich nach Vorlage der Verordnungsvorschläge dann ein zweites Mal mit den Fragen als Teil des konkreten Gesetzgebungsverfahren befassen. Auch die Stimmen aus den Mitgliedstaaten häufen sich zu dem Thema in der Öffentlichkeit im Vorfeld des Verhandlungsbeginn. Ein Beispiel ist der Artikel von Euractiv zu dem Ansatz Deutschlands bei der Plattformregulierung.

Ulrike Wisser