Studie zeigt Benachteiligungen beim Zugang zu Gesundheitsleistungen in der EU auf
Das Europäische Social Policy Netzwerk hat einen Überblick über Ungleichheiten beim Zugang zu Gesundheitsleistungen in den Ländern Europas erarbeitet. Die vergleichende Studie einschließlich nationaler Berichte gibt Aufschluss über bestehende Zugangsbenachteiligungen und formuliert Handlungslinien für die staatlichen Gesundheitspolitiken.
Das European Social Policy Network ist eine feste Gruppe von Experten und Expertinnen, die für die Europäische Kommission Informationen, Analysen und Beratung bereitstellt und die Fortschrittsentwicklung in den Feldern Sozialschutz und soziale Integration seit 2014 analysiert. In den genannten Feldern, die Teil der Europäischen Säule sozialer Rechte sind, arbeiten die Mitgliedstaaten auf freiwilliger Basis zusammen. Auch das Recht auf bezahlbare, präventive und heilende Behandlung für alle ist Inhalt der europäischen Säule.
Die Studie orientiert sich an den von der Europäischen Kommission beschriebenen Faktoren für die Beschreibung von Zugangsbenachteiligungen in der Gesundheitsversorgung. Dazu gehört die Reichweite des Gesundheitssystems (wer hat Anspruch auf Gesundheitsversorgung), die Erfassungstiefe (worauf haben die Bürgerinnen und Bürger Anspruch) sowie die Erschwinglichkeit und die Verfügbarkeit von Gesundheitsdienstleistungen. Die einzelnen Länderberichte auswertend haben die Autoren ihre Ergebnisse in zehn Thesen zusammengefasst. Grundsätzlich gibt es schon bei der Finanzierung des Gesundheitssystems große Unterschiede, die von 3% des Bruttoinlandprodukts in Zypern bis zu 9.4% in Deutschland reichen. Trotzdem wird die Finanzierungsquote selbst nicht als direkte Ursache für Ungleichheiten gesehen, da bei gleichem Finanzierungsniveau in Ländern der EU, das Angebot und die Möglichkeiten sehr unterschiedlich sein können. Allerdings, so bestätigen die Experten, trägt ein chronisch unterfinanziertes System zu mehr Benachteiligungen bei, da die Patienten in solchen Ländern in der Regel weit mehr selbst tragen müssen.
Ob ausreichend oder unterfinanziert, einkommensschwache Gruppen haben in den meisten europäischen Ländern das Problem, geforderte Eigenbeiträge für Arzneimittel, Zahnbehandlung und psychologische Behandlung aufbringen zu können. Fehlendes Gesundheitspersonal, lange Wartelisten, und ein undurchsichtiges Vorgehen bei der Priorisierung von Patienten werden als weitere Ursachen für Benachteiligungen in den meisten europäischen Ländern genannt. Diese Probleme, so die Autoren, existieren unabhängig von den jeweiligen Finanzierungssystemen der Gesundheitsversorgung, sei es ein national finanzierter Gesundheitsdienst, ein Krankenversicherungssystem oder das Model der privaten Krankenversicherung. Ausschlaggebend für Benachteiligungen seien insbesondere die jeweiligen nationalen Vorgaben, ob und wie Gruppen mit besonderem Förderbedarf von Gebühren und Kosten befreit werden.
Das Netzwerk empfiehlt der Europäischen Kommission, die Beobachtung und Messung von ungleichen Chancen zu verstärken und in die Maßnahmen zur Begleitung von Strukturreformen in den EU-Ländern einzubeziehen. Außerdem verweist es auf den Aktionsplan zur Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte, der als Hebel für mehr Veränderungen in den Gesundheitssystemen der Länder dienen könnte.
Der Synthesebericht „Inequalities in access to healthcare“ und die Nationalen Bericht können hier abgerufen werden.