Arbeitsrecht modernisieren: Arbeits- und Sozialministerrat der EU tauscht sich aus
Die Arbeits- und Sozialminister*innen der Mitgliedstaaten befassten sich in ihrer Ratssitzung Anfang Dezember in einem Meinungsaustausch mit der Zukunftsfähigkeit der bestehenden sozialen Standards der EU im Bereich Beschäftigung.
Im Kern ging es um die Frage, ob die aktuellen rechtlichen und politischen Grundlagen der Gemeinschaft angesichts der schnellen Veränderungen in der Arbeitswelt ausreichend Schutz gewähren. Mit der Debatte wollte die finnische Regierung eine Orientierungsaussprache ermöglichen, auch um der neuen Europäischen Kommission Anregungen aus der Ratsarbeit für die neue legislative Periode zu liefern. Zurzeit gibt es eine Reihe von rechtlichen europäischen Grundlagen – genannt Aquis communitaire – die sich auf Arbeitsbedingungen, die Arbeitszeit, den sozialen Dialog als auch die Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz beziehen. Die Europäische Säule sozialer Rechte bildet diese rechtlichen Grundlagen ab.
Die Wirksamkeit der in erster Linie als Schutzbestimmungen für Arbeitnehmer*innen ausgerichteten Richtlinien sollte auch in den schnellen Transformationszeiten gewährleistet sein und Arbeitnehmern*innen und Unternehmen in einer ausgewogenen Weise Unterstützung bieten, so lautet das Anliegen Finnlands. Entwicklungen, wie die Digitalisierung, der Klimawandel, Migration und eine zunehmende Globalisierung veränderten die Realitäten im Arbeitsmarkt.
Die Aussprache zeigte, dass grundsätzlich erst mal kein großer Bedarf an neuen Gesetzen gesehen wird, sondern die Handlungsmöglichkeiten in einer besseren Umsetzung bestehender Gesetze liegen. So wurde einerseits gefordert, die Umsetzungsstrategien in den Mitgliedstaaten weiter zu harmonisieren und die Einhaltung von sozialer Gesetzgebung durch nationale Behörden sicher zu stellen. Alle unterstrichen, dass soziale Rechte für jeden und jeder im Arbeitsmarkt gelten müssten, so auch für Selbstständige und digital Beschäftigte. So habe der soziale Dialog und Tarifabkommen auch in der heutigen Zeit weiterhin ihre Bedeutung.
Allerdings zeigten sich die anwesenden Minister und Ministerinnen grundsätzlich auch offen für neue Rechtsetzungsinitiativen. So wiesen einige Redner*innen auf einen Änderungsbedarf beim Arbeitsrecht und der Arbeitszeitrichtlinie der EU hin, um neuen Realitäten zu entsprechen. Diese müssten die steigenden Bedürfnisse bei Teilzeitarbeit und das Recht auf Auszeiten berücksichtigen. Es gab in der Sitzung auch erste Rückmeldungen zu dem anstehenden Gesetzesvorschlag der Europäischen Kommission für einen Mindestlohn in der EU. Der Großteil der Staaten steht einer solchen Initiative positiv gegenüber, aber es wurden auch Ablehnungen deutlich. Die nordischen Länder beispielsweise sehen Regelungen über Mindestlohn kritisch, da diese in die Tarifautonomie der Sozialpartner eingreifen würden. Der für Januar angekündigte Vorschlag wird die Arbeit des Sozial- und Arbeitsministerrates im nächsten Jahr auf jeden Fall beschäftigen.