KMU sollen in der Transformation für Nachhaltigkeit und Digitalisierung unterstützt werden
Gemäß ihrem Arbeitsplan legte die Europäische Kommission am 10. März ihre KMU-Strategie für ein nachhaltiges und digitales Europa vor.
Die Strategie soll dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in der EU zu verbessern, indem diese bei den anstehenden Transformationsprozessen hin zu einer nachhaltigen und digitalen Wirtschaft unterstützt werden. Außerdem ist angekündigt, die Hindernisse beim Zugang zum EU-Binnenmarkt gerade für KMU weiter abzubauen.
Die KMU-Strategie der Kommission ist Teil einer übergreifenden Industriestrategie, die mehrere Initiativen enthält. Mit dem Paket ist die Industrie als Ganzes anvisiert. Angekündigtes Ziel der Kommission ist es, der europäischen Industrie dabei zu helfen, sich beim doppelten Übergang zu Klimaneutralität und digitaler Führungsrolle an die Spitze zu setzen. Das sogenannte “industrial strategy package“ besteht aus der Industrie- und der KMU-Strategie, einem Konzept für die Identifizierung und den Abbau von Binnenmarkthindernissen und einem Aktionsplan zur besseren Umsetzung und Durchsetzung der Binnenmarktvorschriften.
Die Strategie zugunsten von KMU enthält drei Handlungsbereiche, die dazu beitragen sollen, dass diese Unternehmen ebenfalls stärker vom Binnenmarkt profitieren. Anliegen ist es, die gesamte EU als Markt für ihre Produkte und Dienstleistungen zu verstehen und zu nutzen. Dafür benötigen KMU nach Auffassung der EU-Verwaltung insbesondere Informationen, fachliche Kapazitäten und Unterstützungsangebote, einen besseren Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten und eindeutig weniger regulatorische Hürden und bessere Marktzugänge.
Zum Thema “Kapazitätsaufbau” setzt sie unter anderem auf das bestehende Enterprise Europe Network (EEN), dass ihre Serviceleistungen zukünftig noch stärker auf das Thema Nachhaltigkeit ausrichten soll. Es ist gedacht, in den lokalen EEN-Kontaktstellen, von denen es 37 in Deutschland gibt, spezielle Nachhaltigkeitsberater*innen einzusetzen. Bei der Digitalisierung helfen sollen die Zentren für digitale Innovation (Digital Innovation Hubs – DIH), ein aktuell bestehendes Netzwerk von bis zu 240 Zentren, deren Mitglieder Fördermittel aus dem EU-Programm „Digitales Europa“ und aus den Europäischen Strukturfonds erhalten. Diese Hubs beraten zu unterschiedlichen Themen der Digitalisierung, wie IKT Innovation in der Fertigung, Open Data, Data Pitch Innovationen, Robotik, Photonik etc. Die Angebote sollen so ausgebaut werden, dass sie in allen Regionen der EU von KMU genutzt werden können. Die Hubs sollen ebenfalls Mittler zwischen KMU und Hochschulen bzw. Ausbildungseinrichtungen auf lokaler Ebene sein, um das Thema Fachkräfteentwicklung zu bearbeiten. Außerdem strebt die Kommission an, Kurzlehrgänge zum Thema Digitales zu entwickeln, damit die Beschäftigten von KMU Kompetenzen in Bereichen wie KI, Cybersicherheit oder Blockchains aufbauen. Auf der Maßnahmenliste steht auch ein neues Programm für digitale Freiwillige, mit dem der Einsatz von jungen qualifizierten Menschen und erfahrenen Senioren mit digitalen Fähigkeiten in herkömmlichen Unternehmen gefördert werden soll. Möglicherweise knüpft dies an den Erfahrungen der 2018 eingeführten Initiative „Digital Opportunity Traineeships“ an.
Um beim Abbau von regulatorischen Problemen für KMU beim Zugang zum Binnenmarkt weiter zu kommen, verspricht die Kommission, bereits bei den Anfängen von Gesetzgebungsverfahren stärker auf potenzielle negative Auswirkungen für diese Wirtschaftsakteure zu achten.
Darüber hinaus sieht sie eine neue Initiative vor, wodurch Start-ups es leichter haben sollen, sich europäisch auszurichten. Mit der Initiative „EU Start-up Nations Standard“ sollen Unternehmensgründungen und die grenzüberschreitende Expansion erleichtert werden, Verfahrensregeln für Visumanträge und Aufenthaltstitel für talentierte Mitarbeiter aus Drittländern vereinfacht und die Attraktivität von Mitarbeiteraktienoptionen gesteigert werden, heißt es dazu im Text. Unternehmensgründungen und Technologietransfers durch Universitäten und ein besserer Zugang zu Finanzmitteln für die Expansion sind ebenfalls Teil der Initiative. Die EU-Behörde will die Mitgliedstaaten auffordern, ebenfalls solche EU Start-up Nations Standard auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene einzuführen.
Dem grenzüberschreitenden Zahlungsverzugsproblem, worunter besonders KMU leiden, wird die Europäische Kommission mit einer virtuelle Beobachtungsstelle entgegnen. Außerdem kündigt sie bei Bedarf die Einführung alternativer Streitbeilegungs- und Schlichtungsmechanismen für KMU an.
Auch bei der Vergabe öffentlicher Aufträge im Binnenmarkt sieht die Behörde ungenutztes Potential für KMU. Die Mitgliedstaaten und ihre öffentlichen Auftraggeber sollten die Flexibilität nutzen, die die EU-Regeln für die Auftragsvergabe bietet, regt sie an. „Dafür gilt es, größere Aufträge in kleinere Lose zu unterteilen, die strategische und insbesondere die innovationsfördernde Auftragsvergabe auszuweiten, KMU gegebenenfalls Rechte des geistigen Eigentums zu überlassen, damit diese sie vermarkten können, und die Digitalisierung ihrer Vergabeverfahren abzuschließen“.
Die Kommission möchte auch Börsengänge von KMU durch Investitionen unterstützen‚ die über einen neuen vom Privatsektor und der öffentlichen Hand getragenen Fonds kommen sollen. Dieser wird im Rahmen des Programms „InvestEU“ ab 2021 innerhalb der Kapitalmarktunion entwickelt werden.
Das seit 2011 bestehende Netzwerk aus nationalen KMU-Botschaftern (SME Envoys) und dem KMU-Beauftragten der EU sollen grundsätzlich über die Bedürfnisse von KMU im europäischen Binnenmarkt wachen. Die Aufgabe ist, die KMU-Interessen allgemein und schon bei der Erstellung europäischer Rechtsvorschriften und Strategievorschläge zu vertreten. Deutschland wird dort vom Bundeswirtschaftsministerium vertreten.