Gesundheit in Europa im Covid-19-Jahr 2020 auf einen Blick
Ende November veröffentlichte die Europäische Kommission ihre diesjährige Ausgabe zum Stand der Gesundheit in der EU für das Jahr 2020. Die gemeinsam mit der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) erarbeitete Publikation gibt turnusmäßig einen Überblick über den Zustand der Gesundheit und der nationalen Gesundheitsversorgung, liefert aber auch Informationen zum Umgang Europas mit der Covid-19-Pandemie.
„Health at a Glance: Europe“ steht für eine gesundheitspolitische Berichterstattung in Europa zu länderspezifischen und EU-weiten Daten und Trends im Gesundheitsbereich. Sie gibt es seit dem Jahr 2016 und besteht aus zwei Bausteinen. Das erste ist – wie jetzt vorgelegt – ein europäischer Gesamtbericht mit thematischen Schwerpunkten sowie Statistiken und vergleichenden Analysen zum Stand der Gesundheit der Bevölkerung und der Gesundheitssysteme in der EU. Diesem folgen im nächsten Jahr einzelne Länder-Gesundheitsprofile, die sich an den Themen des Gesamtberichts orientieren. Im nächsten Jahr können also detailliertere Länderreports zu Covid-19 erwartet werden. Die jetzt vorgelegte vergleichende Analyse zum allgemeinen Stand gründet auf einem Set von Indikatoren, die seit vier Jahren kontinuierlich genutzt werden. Diese beziehen sich auf Aspekte, wie Gesundheitsstatus, Risikofaktoren, Ausgaben und Finanzierung des Gesundheitswesens sowie Qualität und Zugang zu Leistungen. Daten werden für insgesamt 36 europäische Länder erhoben.
Quelle: Health at a Glance: Europe", Europäische Kommission
Für den Zyklus 2020/2021 wurden zwei Schwerpunkte ausgewählt, die Pandemie und die Reaktionsfähigkeit der Gesundheitssysteme in der EU und die Auswirkungen der Luftverschmutzung auf Gesundheit und Wohlstand.
So erhält die 2020 Ausgabe vergleichende Angaben zu dem Vorgehen der Länder in der Pandemie. Diese decken die wichtigsten Inhalte ab. Es gibt Angaben zur Wirksamkeit von Beschränkungen für eine langsamere Ausbreitung des Virus, zu den Behandlungskapazitäten infizierter Menschen, zu dem Schutz älterer Menschen und weiterer gefährdeter Bevölkerungsgruppen als auch zu den Maßnahmen der Länder, um eine qualitative medizinische Versorgung für Nicht-Covid-19-Patient*innen zu gewährleisten. Die Publikation beschreibt darüber hinaus erste generelle Schlussfolgerungen für die Weiterentwicklung der Gesundheitssysteme in der laufenden Pandemie und die Vorbereitung auf zukünftige Gesundheitskrisen. Die Gesamtbewertung der Länder hinsichtlich ihrer Reaktionen auf die Pandemie bleibt allgemeiner Natur, da der Bericht zu einem Zeitpunkt erarbeitet wurde, bei dem die Erfahrungen mit der Krankheit noch am Anfang standen. Die Länder in Europa, so wird zusammenfassend beschrieben, haben auf die erste und zweite Welle der Pandemie unterschiedlich reagiert. Die Erkenntnisse sind bekannt. Viele hatten Schwierigkeiten, die Verfügbarkeit von Masken und Schutzausrüstung in den ersten Monaten der Krise zu erhöhen. Die meisten Länder hatten Probleme, ihre Testkapazitäten zu steigern, was die Wirksamkeit von Test- und Nachverfolgungsstrategien einschränkte. In der Folge haben die meisten Staaten durch strengere Einschränkungen des öffentlichen und privaten Lebens versucht, die Ausbreitung des Virus in der ersten Welle einzudämmen.
Im Vergleich waren bis Oktober 2020 europäische Länder wie Finnland, Norwegen und Estland besser in der Lage, die Ausbreitung des Virus einzudämmen und die wirtschaftlichen Folgen abzumildern. Die Autor*innen sehen die Gründe dafür in geografischen Faktoren, wie eine geringere Bevölkerungsdichte, aber auch aufgrund der zeitnahen Umsetzung zielgerichteter Einschränkungsmaßnahmen sowie des hohen Vertrauens und der Einhaltung der Maßnahmen in der Bevölkerung.
Das Virus hat ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen unverhältnismäßig stark betroffen, bestätigt der Bericht. In fast allen Ländern seien mehr als 90 % der Covid-19-Todesfälle Personen über 60 Jahre. In vielen Staaten waren etwa die Hälfte der Todesfälle in Einrichtungen der Langzeitpflege zu verzeichnen. In einigen Ländern lagen zwischen den ersten Covid-19-Fällen und der Herausgabe von Leitlinien zur Prävention von Infektionen in Langzeitpflegeeinrichtungen mindestens zwei Monate. In einem Viertel der Länder, für die Informationen verfügbar sind, dauerte es zwei Wochen länger, Besuche in Pflegeeinrichtungen zu beschränken als Einschränkungen im öffentlichen Leben einzuführen.
In Armut lebende Menschen, Menschen mit Vorerkrankungen und ethnische Minderheiten wurden unverhältnismäßig stark betroffen. Deshalb halten es die Autor*innen für wichtig, bei zukünftigen Maßnahmen einen besonderen politischen Schwerpunkt auf die sozialen Determinanten zu legen. Um die Grundursachen dieser Ungleichheiten zu bekämpfen, muss außerhalb des Gesundheitssystems gehandelt werden.