Dirndl & Digitales! – Stärkung der Gleichstellung von Frauen in der digitalen Wirtschaft

Die Vertretung Bayerns bei der EU führte Mitte April eine Online-Veranstaltung in Kooperation mit dem Bayerischen Staatsministerium für Digitales durch. Das Event widmete sich der Frage, wie die digitale Kluft zwischen den Geschlechtern in der digitalen Wirtschaft überwindet werden kann.

In einem Dreiergespräch erörterten die Bayerische Staatsministerin für Digitales Judith Gerlach und die portugiesische Europaabgeordnete Maria da Graça Carvalho moderiert durch Tijen Onaran, CEO von Global Digital Women, die bestehenden Ungleichgewichte und mögliche Lösungsansätze für eine  stärkere Gendergleichheit in einer digitalen Welt.

Zu Beginn wurden einige Fakten in die Diskussion gebracht: bisher machen Frauen nur einen Anteil von 17 % aller IKT-Studierenden in der EU aus. Frauen im IKT-Sektor verdienen 19 % weniger als Männer. Strukturelle Ungleichheiten und geschlechtsdiskriminierende Vorurteile sind in Anwendungen Künstlicher Intelligenz oder anderen Softwareprodukten häufig zu finden. Die drei Frauen waren sich deshalb darin einig, dass einiges zu tun ist, damit „Dirndl & Digitales“ zukünftig mehr Aufmerksamkeit in der Politik erhält.

Europaabgeordnete Maria da Graça Carvalho, Quelle: Europäisches Parlament

Europaabgeordnete Maria da Graça Carvalho, Quelle: Europäisches Parlament

Maria da Graça Carvalho, Mitglied im Sonderausschuss „zu Künstlicher Intelligenz im digitalen Zeitalter“ des Europäischen Parlaments stellte die im Januar dieses Jahres vom EP verabschiedete Entschließung zur digitalen Kluft zwischen den Geschlechtern vor. Sie war die Initiatorin und berichtete von ihren Erfahrungen. Das Thema und die Positionierung wurden von fast allen politischen Parteien unterstützt, sagte sie. Der Großteil der Europaabgeordneten stuft die  bestehenden Ungleichheiten als Problem ein und fordert spezifische Fördermaßnahmen, vor allen in Bereichen wie Bildung, Beschäftigung, Kultur, Medien und Audiovisuelles, aber auch bei der Datenerhebung. Die Erarbeitung des Berichts und die Sichtung der vorhandenen Fakten hätten ihr deutlich gemacht, erklärte die Parlamentarierin, dass bisher nicht viel dafür getan werde, die digitale Genderschere zu schließen. Aus diesem Grund enthalte die Entschließung auch eine Reihe von Empfehlungen, die sich an die Mitgliedstaaten richteten. So fordert das EP von den nationalen Regierungen, ihre Digitalisierungspolitiken an den Zielen der Union zur Gleichstellung der Geschlechter auszurichten. Die Abgeordneten wollen konkret, dass bewusste und unbewusste geschlechtsdiskriminierende Vorurteile aus Algorithmen, KI-Anwendungen, Videospielen und Spielzeug beseitigt werden, da sie schädliche Geschlechterstereotype aufrechterhalten. Darin wird auch einer der Gründe gesehen, dass sich Frauen beruflich seltener für die Bereiche Digitaltechnik, KI und IKT entscheiden. In ihrer Stellungnahme haben die Abgeordneten außerdem auf Verzerrungen bei Innovationen in der IKT-Branche verwiesen. Designer und Entwickler von Diensten, Software und Benutzeranwendungen seien überwiegend Männer und die Nutzer hauptsächlich Frauen. Sie sprechen sich dafür aus, die Forschung zu den Ursachen für das digitale Geschlechtergefälle und zu Lösungsmöglichkeiten zu stärken.

Judith Gerlach, Bayerische Staatsministerin für Digitales, Quelle: https://www.bayfid.bayern.de/

Judith Gerlach, Bayerische Staatsministerin für Digitales, Quelle: https://www.bayfid.bayern.de/

Das Podium griff das Thema des Gender Mainstreaming in der digitalen Bildung auf und sprach sich auch für den Abbau von Nerds-Images Stereotypen aus. Digitalministerin Judith Gerlach stellte hierzu ein konkretes Beispiel aus Bayern vor, die Kampagne BAYFID – BAYERNS FRAUEN IN DIGITALBERUFEN. BAYFID soll dazu beitragen, den Anteil von Frauen in technologischen Ausbildungs- und Studienangeboten in Bayern zu erhöhen. Es sei kein Förderprogramm, erklärte Frau Gerlach, sondern eine Maßnahme, um junge Frauen, die an IT interessiert sind, frühzeitig anzusprechen und über Rollenmodelle und Patinnen für eine berufliche Laufbahn im IKT Bereich zu gewinnen. Die Maßnahme richtet sich an Frauen zwischen 18 und 30 Jahren, die digitale Berufsfelder kennenlernen möchten. Das 1,5 Jahre laufende Programm gewährt den jungen Frauen Einblicke in digitale Berufsfelder und in Entwicklungen der Digitalbranche. Weiterbildung und Unternehmensbesuche sowie Netzwerke und Erfahrungsaustausche sind Bestandteil des Unterstützungspakets. Rollenmodelle und Netzwerke sind besonders wichtig, wenn es darum geht, Frauen für den Tech-Sektor zu interessieren, aber sie auch darin zu halten, bestätigte das Panel. Gerade in dieser Sparte würden Frauen im Laufe ihrer beruflichen Karriere eher aussteigen, als es in anderen Berufsfeldern der Fall ist.  

Es gibt dringenden Handlungsbedarf, war eine der Schlussfolgerungen aus der Debatte zu „Dirndl und Digitales“. An die jungen Frauen gerichtet sagten die drei Expertinnen, dass sie ihre beruflichen Träume in dem Sektor weiterverfolgen und nicht aufzugeben sollten. Schließlich seien die bestbezahlten Jobs in den digitalen Sektoren zu finden.

Ulrike Wisser